Die Luther Bibel von 1534: Eine kulturhistorische Einführung

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Die Bedeutung der Bibelübersetzung Martin Luthers für das Christentum und ihre Verbreitung durch das neue Medium Buchdruck kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dies stellt auch Stephan Füssel, Inhaber des Gutenberg-Lehrstuhls in Mainz, in seiner kulturhistorischen Einführung zur Faksimile-Ausgabe der Luther-Bibel von 1534, die der Taschen Verlag zum Internationalen Bibeljahr 2003 herausgegeben hat, klar heraus. Die Luther-Bibel von 1534, das heißt die Bibelübersetzung des Alten und Neuen Testaments ins Deutsche, liegt damit allgemein zugänglich in einem kompletten, werkgetreuen Nachdruck (zwei Bände, 1.824 Seiten, 21 x 31,5 cm) inklusive der 128 gesamtkolorierten Holzschnitte aus der Werkstatt Lucas Cranachs vor. Vorlage der Ausgabe ist das Exemplar aus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar.

Die Papierqualität des Faksimiles ist fest und weich, die Vergilbung wird samt Wasser-, Knick- und Fingerspuren perfekt wiedergegeben, ebenso wie die Letternspuren, die der beidseitige Druck hinterlassen hat. Die Bibel wurde in einer Gotica gedruckt, einer der Fraktur ähnlichen Schrift, die der Form nach auch heute noch gut lesbar ist. Zudem ist das Druckbild des Originals und damit des Faksimiles gestochen scharf, selbst für die Marginalien an den Rändern. Herausragend ist auch die Wiedergabe der kolorierten singulären Holzschnitte (auch Titelblätter, Initialen), die in ihrer ganzen Farbenpracht und Detailgenauigkeit eine wahre Augenweide sind. Sie sind dabei nicht nur Zeugnisse für die bemerkenswert feine und niveauvolle Miniaturenkunst des 16. Jahrhunderts, sondern sie spiegeln auch, kulturhistorisch sehr interessant, die zeitgenössischen Vorstellungen alt- und neutestamentlicher Ereignisse wider. Sorgen, dass die Bände durch häufigeren Gebrauch Schaden nehmen könnten, muss man auch nicht haben: Sehr stabile Festeinbände in Leinen geben Schutz und Lesebändchen helfen bei der Markierung von Textstellen. Nur der dreisprachige Verlagsaufdruck stört.

Der Begleitband mit der luziden und prägnanten Einführung von Stephan Füssel wäre eine Sonderpublikation wert und kann aufgrund seiner Verständlichkeit und Informationsdichte jedem empfohlen werden, der sich für Buchdruck im Allgemeinen und Geschichte der Bibeldrucke im Besonderen interessiert (enthält 59 vergleichende Miniaturen anderer Bibelausgaben, Erläuterungen zu Aufbau und Illustration, Bibliografie). Füssel geht zunächst kurz auf die Geschichte der Bibelübersetzungen seit der Septuaginta ein. Um die Bedeutung der Luther-Bibel würdigen zu können, muss hier betont werden, dass bis zu deren Erscheinen immer nur einzelne Bestandteile der Heiligen Schrift veröffentlicht worden waren, weshalb die Luther-Bibel auch als erste Vollbibel bezeichnet wird. Ausführungen zu den Bibelausgaben im Druck vor Luther und in den europäischen Volkssprachen folgen. Ein biografischer Abriss zu Luther dient ausreichend dem Verständnis für die ab Dezember 1521 einsetzende Übersetzertätigkeit am Neuen Testament aus Urtext und Vulgata, das erstmals, als so genanntes September-Testament (nach dem Erscheinungsmonat), 1522 publiziert wurde. Die Arbeiten am Alten Testament dauerten aufgrund des Umfangs und der schwierigeren Übersetzung aus dem Hebräischen allerdings zwölf Jahre. Erst 1534 erschienen dann die hier im Faksimile vorliegenden beiden Teile der Bibel.

Die überragende Bedeutung der Luther-Bibel liegt jedoch besonders in der sprachlichen Leistung, die Heilige Schrift einer breiteren Leserschaft als dem Klerus zugänglich und vor allem verständlich gemacht zu haben. Dabei lag der Fokus nicht auf der wortgetreuen Übersetzung, sondern auf einer dem Wortsinn gemäßen Übersetzung, weshalb dieser Text auch uns heute noch eingängig ist und die Grundlage deutscher Bibelausgaben bildet. Dies alles und noch viel mehr kann nun in dieser Faksimile-Ausgabe angeschaut und nachgelesen werden. Denn das sollte man sich bei aller Ehrfurcht vor einer solchen schöpferischen Leistung und Kostbarkeit der Ausgabe vor Augen halten: Die Handschrift wie der Frühdruck waren Gebrauchsgegenstände und sollten dies auch heute weiter sein. Die Luther-Bibel von 1534 gehört zu den Büchern, die es wieder zu entdecken gilt. --Osseline Kind

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